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Wie die Großen: Ein Baby in der 27. Schwangerschaftswoche gähnt im Mutterleib

Ungeborene Babys können am Daumen nuckeln und zutreten. Ultraschall-Videos zeigen jetzt: Die Kleinen gähnen sogar im Mutterleib - und das zum Teil alle zehn Minuten. Kurz vor der Geburt endet das Gähnen allerdings abrupt.

Gähnt das Kind im Mutterleib oder öffnet es einfach nur den Mund? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler schon seit längerer Zeit, jetzt konnten britische Forscher das Rätsel lösen. Mit Hilfe von Videoaufnahmen per Ultraschall stellten sie fest: Die ungeborenen Baby gähnen tatsächlich - und das zum Teil alle zehn Minuten.

Wie die Großen: Ein Baby in der 27. Schwangerschaftswoche gähnt im Mutterleib

Das Team um Nadja Reissland von der Universität Durham untersuchte acht ungeborene Mädchen und sieben Jungen zu vier Zeitpunkten: nach 24, 28, 32 und 36 Wochen im Mutterleib. Für jeweils etwa 20 Minuten filmten die Forscher die Föten mit hochauflösender 3D-Ultraschall-Technologie. Als Gähnen zählte, wenn die Zeit bis zum maximalen Öffnen des Mundes wie beim Gähnen typisch eindeutig länger war als das darauffolgende Schließen des Mundes. Alles andere wurde als schlichte Mundbewegung gewertet.

Insgesamt zählten die Forscher bei 58 Videoaufnahmen 56 Gähner und nur 27 "Nicht-Gähner". Sechsmal pro Stunde gähnten die Kleinen, während sie im selben Zeitraum im Schnitt nur dreimal den Mund einfach so öffneten, schreiben die Forscher im Fachjournal "PloS One". Reißt ein Kind auf einem Ultraschallbild den Mund weit auf, ist es demnach wahrscheinlich gerade am Gähnen.

Auffällig war jedoch: Von der 28. Schwangerschaftswoche an wurde das Gähnen weniger, bei einem Alter von 36 Wochen und damit kurz vor der Geburt konnten die Forscher keine Mundbewegungen mehr beobachten. Daher vermuten die Wissenschaftler, dass Gähnen ein Zeichen dafür sein könnte, wie weit die Kinder entwickelt sind.

Unklar bleibe weiterhin, warum die Kleinen überhaupt gähnen. Auch bei Erwachsenen ist diese Frage nicht endgültig geklärt. "Im Gegensatz zu uns tun sie dies nicht, weil sie müde sind", erklärt Erstautorin Reissland. Auch die Vermutung, dass zu wenig Sauerstoff oder zu viel Kohlendioxid im Blut des Kindes für das Mundaufreißen sorge, habe sich inzwischen als falsch erwiesen.

Die Forscher halten es daher für wahrscheinlich, dass das Gähnen nicht an die momentane Aktivität oder Befindlichkeit des Kindes gekoppelt ist, sondern an seinen Entwicklungszustand. "Unsere Befunde stützen die Theorie, nach der das Gähnen mit der Reifung des zentralen Nervensystems zusammenhängt", sagen Reissland und ihre Kollegen. Ob das tatsächlich der Fall sei, müsse man nun in weiteren Studien untersuchen.

Eine Theorie zur Ursache des Gähnens geht davon aus, dass die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut eine Rolle spielen könnte. Die Wissenschaftler schlagen deshalb vor, bei künftigen Filmaufnahmen der Kinder im Mutterleib auch den Cortisol-Wert der Schwangeren zu ermitteln.



Quelle: Spiegel online vom 22.11.2012


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