Eine elegante Amerikanerin begleitete Mutter Teresa zur Pflege der
Schwerkranken. Beim Waschen eines Leprakranken wandte sie sich angeekelt ab: „Ich
würde das nicht für eine Million Dollar tun!“ „Nein,“
meinte Mutter Teresa darauf, „Ich auch nicht!“
Mutter Teresa hatte eine stärkere Motivation, letztlich ihr von Christus
geführter Blick auf den Menschen: „Den Menschen als Abbild Gottes
zu verstehen“, „in jedem Menschen Christus sehen“ und „den
Wert des Menschen in seinem Person-Sein zu sehen, nicht als Glied in der Produktionskette,
oder als Objekt meiner Interessen“: das sind einige Merkmale eines christlichen
Menschenbilds. Der Mensch ist großartig: Ein Mensch ist nicht „etwas“,
sondern „jemand“. Er ist seinen Instinkten nicht einfach unterworfen.
Er ist „Person“, Träger einer Welt in sich selbst: Wahrnehmung,
Überlegung, Wunsch und Streben und schließlich Entscheidung schaffen
ein einzigartiges inneres Leben, das sich letztlich um die Suche nach dem Guten,
Wahren und Schönen bewegt. Der Mensch ist das Wesen, dem sich Wahrheit
und Wirklichkeit erschließen.
Dieses innere Leben kann der Mensch auch mitteilen und im anderen entdecken.
Auch die Fähigkeit zu lieben, also sich selbst zu schenken, ist spezifisch
menschlich und persönlich.Diese menschlichen Erfahrungen und Beobachtungen
reichen schon aus, um dem Menschen besondere Würde, Rechte und Schutz zuzugestehen.
Als Christen sehen wir aber noch mehr: Nicht nur dass der Mensch als Abbild
Gottes geschaffen wurde. Gott hat den Menschen durch seine Mensch-Werdung zum
Freund und Erben erhoben.
Was bedeuten diese Überlegungen aber nun praktisch? Ein einziger Mensch
ist mehr wert als das ganze Universum. Darum darf er nicht als Mittel zum Zweck
instrumentalisiert werden. So ist der Mensch zum Beispiel kein Schutzschild
und darf nicht als Geisel genommen werden, um politisch etwas zu bewirken. Genauso
wenig darf er als Mittel zur bloß persönlichen sexuellen Befriedigung
verwendet werden. Für den Staat bedeutet das christliche Menschenbild,
dass das Ziel der Politik nicht das größte Wohl der meisten sondern
das größtmögliche Wohl aller ist. Auch der Schwache muss mitgetragen
werden, selbst wenn man keinen Sinn und keine Produktivität in seinem Leben
sehen könnte. Für den Staat werden durch das christliche Menschenbild
Ausbeutung und Zwang tabu - Menschenrechte müssen voll respektiert werden.
Dem einzelnen muss die Möglichkeit zur Entfaltung gegeben werden.
Das Leben liegt nicht in unserer Hand – Wir dürfen es nicht „nehmen“.
Der Mensch ist auf etwas Höheres hingeordnet. Nur Gott ist Herr über
Leben und Tod. Auch wenn das Leben nicht mehr lebens-würdig erschiene:
uns steht die Abwägung und Entscheidung nicht zu. Gerade diesen Zusammenhang
meint Dostojewskij, wenn er sagt: „Wenn Gott nicht existiert, dann ist
alles erlaubt.“ Das Ausschalten des Leidenden – von der Euthanasie
auf Wunsch bis hin zur Tötung von Neugeborenen entspricht nicht der Würde
des Menschen.
Europa ist vom Christentum noch stark geprägt: Viele haben in Grundzügen
ein christliches Menschenbild. Je weiter sich diese Sichtweise aber von der
Wurzel, vom Glauben selbst, entfernt, desto verwässerter wird sie, desto
mehr ist der einzelne in Gefahr. Wenn christliche Überzeugungen im öffentlichen
Leben nicht relevant sind, entsteht zwischen unseren technischen Möglichkeiten
und unserer moralischer Stärke ein fatales Ungleichgewicht. In der Debatte
um die Definition Europas geht es also nicht um einen nostalgischen Kampf Ewig-Gestriger,
sondern um eine große Verantwortung für die heutige Menschheit.
Von: Dr. Gudrun Kugler, "Europa für Christus!’
Wien.
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