Martin Luther King und sein Traum heute
Dr. Alveda King, die
Nicht von Martin Luther Kind jr., hielt am 22. Juni 2010, auf einer Veranstaltung
der "Arbeitsgruppe für die Menschenwürde" eine Rede im Europäischen
Parlament.

"Meine Botschaft kommt aus meinen Herzen, aus Liebe zum Leben und zur
Familie, und aus einer ererbten Verpflichtung, die Schwächsten der Gesellschaft
zu verteidigen. Meine Rede heute und meine Arbeit als Menschenrechtsaktivistin
gehen von drei einfachen Wahrheiten aus:
1. Jeder Mensch verdient Respekt aufgrund seines Mensch-Seins.
2. Niemals kann das Leben eines Menschen weniger menschlich oder mehr menschlich
werden.
3. Jedes menschliche Leben beginnt an seinem physischen Anfang.
Aus diesen drei Prämissen folgt, dass jeder Mensch, geboren oder ungeboren,
Rechte hat und diese Rechte von der Gesellschaft und dem Gesetz geschützt
werden sollten.
Umkehr ist der erste Schritt zur Erlösung; sie ist auch der erste Schritt
in der Veränderung einer Gesellschaft. Ich weiß das, weil ich in
meiner Lebenszeit gesehen habe, wie sich meine Kultur, mein Amerika, verändert
haben.
So viel Blutvergießen, so viel Unglück ist geschehen - weil einige
Leute in den Vereinigten Staaten meinten, die Afro-Amerikaner würden keinen
Respekt verdienen. Wir wurden angespuckt. Wir wurden zusammengeschlagen. Und
gelyncht. Wir würden getötet weil wir als weniger menschlich angesehen
wurden. So geschieht es auch mit den Leben der ungeborenen Kinder - im Bauch
werden sie heute gelyncht.
Der Rassismus unterdrückte nicht nur Afro-Amerikaner - er versengte auch
die Gewissen der Unterdrücker. Manche Auswirkungen des Rassismus machten
das Leben dieser Menschen scheinbar angenehmer, bequemer, und so überließen
sie sich den Falschheiten. Sie wurden von diesen Falschheiten in gewisser Weise
abhängig. Und so begannen sie an das zu glauben, was sie in ihren Herzen
doch als falsch erkannten. Und so ist es auch heute mit den Lügen derer,
die abtreiben.
Die Ungeborenen von heute sind die Schwarzen von gestern - am besten außer
Sichtweite und weit weg von unserem Denken, damit wir uns möglichst wenig
mit der Ungerechtigkeit, die wir verursachen, beschäftigen müssen.
Das Problem der Abtreiber und ihrer Unterstützer ist aber das gleiche
Problem, das die Rassisten und Segregationisten hatten: die Wirklichkeit. Ungeborene
Kinder lassen sich nicht verstecken. Die Abtreibungsindustrie muss also denen,
die sie ausbeutet und diskriminiert, die Menschlichkeit absprechen.
Aber was, wenn die Wegrationalisierung nicht mehr klappt, wie bei der Chefin
einer Abtreibungsklinik, die ihren Beruf aufgab, als sie am Ultraschall eine
Abtreibung beobachtete? Was, wenn die Wahrheit so klar und so stark wird, dass
die Gesellschaft der Lüge nicht mehr gleichgültig gegenüber
stehen und an der Lüge nicht mehr mitwirken kann? Dann müssen wir
etwas tun, das eigentlich unserer Natur widerspricht: uns demütigen, das
Falsche zugeben und unser Handeln verändern.
Das ist es, was mein Land auf die Bemühungen der Menschenrechtsbewegung
hin gemacht hat. Amerika hat sich verändert, weil Amerikaner in ihrem
Herzen berührt worden sind. In den Herzen, in die - wie es in der Bibel
steht - Gottes Gesetz geschrieben ist. Wir können weghören, unser
Gewissen ausschalten, uns indoktrinieren und zudröhnen lassen: Aber ein
Gefühl für richtig und falsch haben wir alle. Dieses moralische Bewusstsein
hat Amerikas Kultur in der Frage des Rassismus verändert.
Ich glaube, dass dieses moralische Bewusstsein jede Kultur in der Frage der
Abtreibung ändern kann. Nicht über Nacht. Aber das Umdenken hat schon
begonnen.
In unseren Herzen wissen wir das. Zu lange haben wir weggeschaut. Wir wollten
uns nicht engagieren. Wir hatten uns selbst überzeugt, dass die Menschen
sich nie ändern werden in der Abtreibungsfrage. Ich bin heute hier um
euch zu sagen, dass das nicht stimmt. Ich habe die Veränderung erlebt,
an mir selbst, an anderen und in meiner Nation. Was bei der Sklaverei und mit
dem Rassismus geschehen ist, geschieht heute mit der Abtreibung. Die Mächtigen
müssen für die Verfolgten eintreten - denn wir sind der Wächter
unserer Brüder - und was ihnen geschieht, geschieht auch uns.
Dr. Martin Luther King Jr. schrieb in einer Gefängniszelle: "Ungerechtigkeit
egal wo ist eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall." Ob ein Kind
in Birmingham, Alabama, oder Birmingham, England, abgetrieben wird: Es ist
immer ein Angriff auf die "geliebte Gemeinschaft", die meinem Onkel
so wichtig war.
Mein Onkel Martin hatte einen Traum. Er malte sich aus, dass wir alle das
erleben würden, was eigentlich selbstverständlich ist: Dass alle
Menschen gleich sind. Er hat Amerika aufgerufen, das Falsche zuzugeben und
zurückzulassen.
Heute rufe ich uns alle auf, egal welcher Herkunft, Rasse oder Religion, unsere
Irrtümer zuzugeben und uns von ihnen abzuwenden. Ich glaube, dass die
Verletzung des Rechtes auf Leben die größte Ungerechtigkeit ist,
die wir heute erleben. Im Töten gibt es kein Mitleid. Wo man Menschen
ihre Menschlichkeit abspricht, ist keine Gerechtigkeit.
Ich frage nur: Wie kann der Traum weiterleben - der Traum der Gleichheit für
alle - wenn wir unsere Kinder töten? Wie kann der Traum weiterleben wenn
wir anderen Menschwürde und Respekt verwehren? Wie kann der Traum weiterleben,
wenn wir uns für diese Menschen nicht einsetzen?"
Quelle: Jugend für das Leben
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